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Männerstiefel, Kalaallit, Westgrönland, spätes 18. Jh., Provenienz wahrscheinlich Sammlung Baron von Hüpsch (1805), Foto: Sylvia Kasprycki, HLMD

Ethnologische Provenienzforschung

Die Ursprünge der ethnologischen Bestände des Hessischen Landesmuseums Darmstadt gehen auf die großherzogliche Sammlung des 18. Jahrhunderts zurück. Im Laufe der Zeit sind sie auf etwa 5000 Objekte angewachsen – eher durch Zufall als bewusste Planung und vorwiegend durch Schenkungen. Schwerpunkte lagen zunächst auf Nordamerika, Ostasien und den niederländischen Kolonien in Indonesien. Ab dem späten 19. Jahrhundert gesellten sich Sammlungen aus den deutschen Kolonien in Afrika und Ozeanien dazu. Diese wurden von Beamt*innen, Händler*innen und Missionar*innen angelegt und verfolgten nur selten wissenschaftliche Ziele.

Samurairüstung, Japan, 18. oder 19. Jh., Provenienz Sammlung Alexander von Siebold (1873)

Die ethnologische Provenienzforschung untersucht die unterschiedlichen Funktionen und Bedeutungen ethnologischer Objekte in ihren Ursprungskulturen. Dazu wird zunächst die regionale und ethnische Herkunft der Gegenstände bestimmt. Wichtig ist außerdem, die Sammlungsgeschichte nachzuvollziehen. Inventarbücher, Ausstellungsverzeichnisse, Korrespondenzen und historische Quellen helfen den Forschenden, die oft verschlungenen Wege, auf denen Dinge ins Museum gelangt sind, zu rekonstruieren.

Ein weiteres Interesse liegt darin, wie sich Bedeutungen und Wertzuschreibungen von Gegenständen im Laufe der Sammlungsgeschichte ändern. So werden Gebrauchs- oder Zeremonialgegenständen einer bestimmten Kultur zu Souvenirs, Kriegstrophäen oder wissenschaftlichen Belegstücken einer anderen Kultur. Der in Kunst- und Kulturgeschichte für die Herkunftsbestimmung etablierte Begriff »Provenienzforschung« ist erst in den letzten Jahren auch für die Erforschung ethnografischer Sammlungen aus kolonialen Kontexten gebräuchlich geworden.

Einen neuen Schwerpunkt legt die ethnologische Provenienzforschung derzeit auf die Feststellung der Recht- oder Unrechtmäßigkeit des Erwerbs von Objekten in kolonialen Kontexten. Objekte wurden in unterschiedlichsten Situationen getauscht, gehandelt und geschenkt, aber auch erschlichen oder geraubt. Die Provenienzforschung hinterfragt die Besitzrechte von Objekten und legt die Grundlage für mögliche Rückgaben an die Nachfahren der Herkunftsgesellschaften.

Die ethnologische Provenienzforschung untersucht dabei nicht nur die Verflechtungen von Museen und Sammler*innen mit dem Kolonialismus und seinen wirtschaftlichen und ideologischen Interessen. Sie beleuchtet auch die verschiedenen Reaktionen indigener Gemeinschaften auf die europäische Praxis des Sammelns. Ziel ist es, mit den Nachkommen der ursprünglichen Besitzer*innen zusammenzuarbeiten und das indigene Wissen über die Objekte zu berücksichtigen. Gemeinsam soll so eine Grundlage für den zukünftigen Umgang mit diesem geteilten Erbe geschaffen werden.

Malangan-Maske, Neuirland, um 1900, Provenienz Sammlung Freiherr Wilhelm von Starck (1907), Foto: Sylvia Kasprycki, HLMD

Kontakt:

Dr. Sylvia Kasprycki (Provenienzforschung Ethnologie)

Dr. Gabriele Mackert (Sammlungsleitung Ethnologie)

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Die Haupthalle im Eingangsbereich des Hessischen Landesmuseums

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